Laurenz Theisinger, Deutscher Meister der Doppelsitzerklasse
Auf der deutschen Meisterschaft der Doppelsitzerklasse, erfüllte Laurenz sich seinen Kindheitstraum: Der deutsche Meistertitel. Wie das alles ablief, schildert er uns in folgendem Bericht.
Die Vorgeschichte
Meinen ersten Wettbewerb im Doppelsitzer (Nitra) flog ich mit meinem Vater im zarten Alter von 14, jedoch nur als Ballast und große Teile des Fluges – aufgrund der Nebenwirkungen von Tabletten gegen Reiseübelkeit – schlafend. Wenngleich sich meine bisherigen DM-Erfahrungen auf die 15m-Klasse beschränkten, liebäugelte ich schon seit jeher mit dem Gedanken, irgendwann mal wieder mit meinem Vater einen Wettbewerb im Doppelsitzer zu fliegen. Diese Chance bot sich mir, da ich meinen 18m Qualifikationsplatz (Lachen-Speyerdorf 2022) gegen einen Startplatz bei den Dosis eintauschen durfte. Die Flugzeugwahl fiel nicht schwer, ist doch unser Verein (DJK Landau) seit 2019 stolzer Besitzer einer ASG 32.
Team Landau
Da mein Onkel Martin mit seinem bewährten Copiloten Yannick Frey seit mehreren Jahren in der Doppelsitzerklasse beheimatet ist, ergab sich zudem so die Möglichkeit, ein überaus interessantes Team zu bilden: So blicken mein Vater und Martin auf eine sehr erfolgreiche Zeit als Team in der 15m-Klasse zurück, meine (Wettbewerbs-)Fliegerei ist seit Beginn durch das Fliegen mit meinem Vater gekennzeichnet und auch Yannick und ich haben bereits Wettbewerbe im Team geflogen. Somit war das einzige Novum hier der Teamflug von Martin und mir. Was als lockerer Teamflug geplant war, erwies sich schnell als ein Erfolgsgarant: Sowohl am Boden als auch in der Luft ergänzten wir uns in entscheidenden Punkten, spielten uns die Bälle zu und konnten durch dialektische Entscheidungsfindung schwerwiegende Fehler vermeiden.
Vor allem in kritischen Situationen, konnte ich mich auf die Erfahrung meines Copiloten verlassen und jene somit entschärfen.
Der Wettbewerb
Wettertechnisch waren wir gesegnet: ein stationäres Hoch bescherte uns zehn Wertungstage, die überwiegend von guter Wolkenthermik geprägt waren. Als anspruchsvoll erwiesen sich immer wieder blaue Teilstrecken und auch der im Wettbewerbsgebiet typische Landschaftswechsel war herausfordernd. Präzise Wettervorhersagen und wohl gelegte Strecken ermöglichten zehn fulminante Luftrennen, welche sich ausgehend vom Fichtelgebirge über das Erzgebirge, dem Bayrischen Wald, der Schwäbischen Alb und dem östlichen Odenwald bis hin zum Thüringer Wald erstreckten. Die guten Wetterbedingungen in Kombination mit häufiger Anwendung des PEV-Abflugs ermöglichten überwiegend kreative Flüge, was Martin und mir erlaubte, die Konkurrenz außen vorzulassen und uns bei der Wahl des Abflugzeitpunktes und des Kurses auf unsere Ideen und Fähigkeiten zu verlassen.
Wertungstag 3 - "Tempowechsel"
Die 450km Racing Task führte in den Bayrischen Wald bis an die österreichische Grenze, über die Rennstrecke zurück Richtung Falkenstein und von dort über die Wende Tachov (Tschechien) nach Hause.
Nach einem relativ späten Abflug mühten wir uns durch blitzblaue, mäßige Blauthermik via Chamer Becken zum Bayr. Wald. Erst dort, südlich Cham winkten Cumuli mit hoher Basis. Schon im Gleitflug dorthin, sahen wir zahlreiche früher abgeflogene Klassenkameraden in Ameisenkniehöhe an vielen Hängen auf Suche nach dem rettenden Anschluss an die gute Thermik. Wir konnten glücklicherweise mit etwas mehr Höhe einige Gräten weitergleiten und relativ problemlos den Anschluss finden. Dann ging ein Rennen der besten Sorte los, mit Steigwerten bis 4m und fast 3000m Basis bis zur ersten und von dort zurück zur zweiten Wende. Leider konnten wir diese Traumbedingungen nur kurz nutzen, denn schon kurz vor der zweiten Wende war es wieder blau. Wir verpassten den optimalen Absprung mit maximaler Höhe, weil wie so oft, wir an den letzten Wolken kein gutes Steigen mehr fanden. Der Weg via Tachov nach Hause war dann wieder komplett blau, aber doch verlässlich. Nach den ersten zwei Kreisen im Blauen, hatten wir leider gefühlt die ganze Klasse im Bart, da es den meisten gelang, die Wolkenstraßen an der Basis zu verlassen und unser zuvor erarbeiteter Vorsprung war verpufft. Nach einem „optisch spannenden“ Endanflug von Osten über den Fichtelberg waren wir dennoch mit einem soliden Tagesergebnis zu Hause.
Wertungstag 7 - "Schadensbegrenzung"
Auf dem Aufgabenzettel stand eine 380km Racing Task, zuerst ins Erzgebirge und dann in die Gegend von Haßfurt und zurück. Das Erzgebirge zeigte sich von seiner besten Seite. Mit über 200km/h und nur wenigen Kreisen ging es Richtung erste Wende. Diese lag jedoch etwas nördlich von der Rennstrecke. Alle flogen bis fast querab von der Wende und dann links raus zur Wende ins schwächere Wetter. Wir waren der Meinung für den Rückweg auf diesen Haken verzichten zu können und wollten diagonal wieder auf den Hauptkamm zurück, was dann gründlich schief ging. Trotz einigermaßen brauchbarer Optik reihte sich ein Kurbelversuch an den anderen, ohne wirklich etwas Brauchbares zu finden. Dass wir kurz darauf die Konkurrenz etwas südlich und 1000m höher vorbeiziehen sahen, machte es nicht wirklich besser. Unser Teampartner Martin war schnell 40km voraus.
Doch der weitere Verlauf spielte uns dann in die Karten, im Westen war es blau und deutlich schwächer. Da wir durch die Infos von Martin mit viel Vertrauen ins Blaue fliegen konnten, gelang es durch hohe Konsequenz beim rechtzeitigen Verlassen der Thermik und zügigem Vorfliegen Anschluss an das Feld zu finden.
Das wir mit Tagesplatz 11 nach Hause kamen, hätten wir nach der ersten Wende nicht für möglich gehalten.
Wertungstag 8 - "Zurück in die Spur"
Der achte Wertungstag in Folge war meteorologisch nicht ganz einfach, von Osten drohten Überentwicklungen, der Westen sollte blau sein. So gab es für alle Klassen AAT in den NW-Quadrant, für uns mit 2,5 Stunden über drei Wendegebiete. Vor dem Abflug war es am Platz nicht ganz einfach, das Wetter war pampig und kam nur langsam in die Gänge. Doch dann wurde es schnell besser und wir flogen zeitig ab. Es lief gut nach Westen, wir flogen den ersten Sektor ziemlich aus, um dann in den nördlichen Sektor abzubiegen. Die Wettervorhersage erwies sich als korrekt, die gute Cumulusbewölkung war östlich des Sektors, im Sektor selbst war es ziemlich blau. Doch während wir noch am zweifeln bzgl. des richtigen Kurses waren, wurde eine Flusenaufreihung mitten in den Sektor hinein sichtbar, die mehr hergab, als wir zu hoffen wagten. Drei 3m+ Bärte brachten uns schnell an den Nordrand des Sektors und wieder zurück Richtung des letzten Sektors. Da wir in den beiden ersten Wendegebieten schon ordentlich Strecke gemacht hatten, flogen wir nun nur so lange nach Süden, bis wir die gute Linie nach Hause ausmachten. Der letzte Schenkel war schnell erledigt und ein langgezogener Endanflug ohne Kreis erhöhte unseren Schnitt auf 130km/h. Dies bedeutete für uns Tagesplatz 1 und 2 und auch in der Gesamtwertung waren wir beide wieder vorne.
Letzter Wertungstag - "Sack zugemacht"
Am letzten Tag besuchten wir zum ersten Mal den Thüringer Wald. Zuerst Richtung Erzgebirge nach Adorf und dann nach Suhl und zurück, „nur“ 265km.
Doch wie fast an jedem Tag wechselten auch heute beste Bedingungen mit schwierigen Passagen.
Die Labilität hatte an den letzten Tagen kontinuierlich etwas zugenommen, wovon wir gleich zu Beginn eine Kostprobe bekamen. Wir starteten als vorletztes Flugzeug, die Basis war schon deutlich über 2000m und erste Schauertendenzen sichtbar. Im Schlepp begann in 200m der leichte Regen, bei krachender Optik etwas südlich vom Ausklinkraum. Wir mussten lange gleiten, bis wir tief Anschluss bekamen — ob’s noch zum Platz zurückgereicht hätte?? AS2, als Letzter gestartet, musste direkt wieder landen, wurde aber direkt nochmal geschleppt. Das ganze Feld konnte dann problemlos in großer Höhe abfliegen. Nebenbei war zu hören, dass die zweite Wende Suhl gerade in einem veritablen Schauer absoff. Bis zur ersten Wende auch heute: Hammer. Der zweite Schenkel in den Thüringer Wald dann wieder pampig. Aber auch heute, wie fast an jedem Tag: Obwohl viele Dosis zusammen waren, gab es kaum Pulks. Jeder versuchte sein Ding, manchmal kurzzeitig erfolgreich, aber schon hatte ein anderer die bessere Idee. Endlich im Thüringer Wald angekommen, besserten sich die Bedingungen wieder. Doch bald war zu erkennen, dass Suhl zwar wieder trocken, aber noch komplett tot war.
Manche riskierten es rein und direkt wieder raus, andere versuchten den westlichen Weg, wir wollten das Risiko minimieren und wählten wie viele andere die Ostvariante. Mit einigem Wasserverlust kamen wir dann wieder in sichere Gefilde, die dann folgende Wetterverbesserung erlaubte einen sauberen Endanflug zum Bindlacher Berg.
Das Flugzeug
Obwohl ich vor der DM über nur ca. 10 Flugstunden auf der 32 verfügte, fühlte ich mich direkt wohl auf ihr. Was schon am Boden mit dem Eindruck von höchster Qualität und Wertigkeit beginnt, setzt sich in der Luft mehr als fort. Besonders positiv überrascht mich die Rückmeldung, die der Flieger über die Luftmasse gibt. Weniger überrascht, dafür noch angetaner bin ich von den AS-typischen Schnellfluggleitleistungen, die in der Doppelsitzerklasse meines Erachtens unerreicht sind. Diese zeigten sich für mich besonders eindrucksvoll an Wertungstag 4: Der einzige klassische Blauthermiktag, der Ungeduld beim Abflug bestrafte. Ich flog nahezu als Letzter ab und obwohl ich die Pulks schnell einholte, reduzierte ich den Wasserballast, um in der Thermik nicht auf die in L-Stellung kurbelnden Arcen aufzulaufen. Die 32 ermöglichte mir, trotz geringerer Flächenbelastung zwischen den verschiedenen Bärten mühelos am Großteil des Feldes vorbeizugleiten und im letzten Bart an der richtigen Position zu sein. Dieser Tag bescherte mir den Tagessieg und den Sprung an die Spitze der Gesamtwertung. Nachdem ich den Flieger nun intensiv unter Wettbewerbsbedingungen kennengelernt habe, irritiert es mich umso mehr, dass die 32 nicht häufiger in den Teilnehmerfeldern auftaucht.
Mit dem deutschen Meistertitel geht für mich ein Kindheitstraum in Erfüllung. Gekrönt wird dieser Erfolg durch die Tatsache, dass ich den Titel gemeinsam mit meinem Vater und im Team mit meinem Onkel gewinnen konnte.